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AutorenbildStephanie Kuhlmann

Sondereinsatz im Land des Lächelns


Sechs Jahre lang habe ich als feste Regieassistentin gearbeitet und wann immer ich an einem freien Tag die Stadt verlassen wollte Urlaubsscheine geschrieben. Damit alle immer wissen, wo ich bin. Es könnte ja was sein. Ein Sänger wird krank, eine Vorstellung muss getauscht, man schnell ins Theater gerufen werden. Sechs Jahre lang bin ich bei jedem Telefonklingeln zusammen gezuckt, denn das bedeutete oft "xyz ist krank, Du musst umbesetzen".

Seit fast fünf Jahren arbeite ich nun nur noch gelegentlich als Regieassistentin. Zu meinem Handy habe ich inzwischen ein entspannteres Verhältnis. Und am Sonntag ist es dann passiert: Der Anruf!

"Die Sängerin der Luisa Miller ist krank, einen Ersatz für sie gibt es nicht, wir spielen stattdessen "Land des Lächelns". Der Sänger des Gustl ist allerdings auch krank, wir suchen noch nach einem Ersatz. Kannst Du kommen?"

Eine halbe Stunde später saß ich im Auto, drei Stunden später war ich im Theater. Ich bin nicht zusammengezuckt und habe keine Bauchschmerzen bekommen. Das habe ich mir in den letzten Jahren mühsam abtrainiert.

Umbesetzungen haben mich früher enorm unter Druck gesetzt. Da kommt ein Sänger, der zwar die Partie kennt, aber nicht die Regie. Und es liegt in meiner Verantwortung, ihn bis zur Vorstellung so zu briefen, dass die Vorstellung wie gewohnt stattfinden kann und der Kollege sich auf der Bühne nicht verloren vorkommt. In diesem Fall hatte ich bis zur Vorstellung gerade mal zwei Stunden Zeit.

Zwischen Kostümanprobe und Maske paukten wir Dialoge, die szenischen Vorgänge erklärte ich währenddessen, für eine Probe war keine Zeit. Zum Glück ist die Inszenierung nicht kompliziert und das Bühnenbild birgt auch keine Gefahren. Immerhin die ersten beiden Szenen konnten wir kurz vor Vorstellungsbeginn auf der Bühne ablaufen, dann ging es los.

Nach den ersten beiden Szenen stellten wir in der Garderobe die nächsten Szenen durch, während die Kollegen auf der Bühne weiter spielten, dann ging es auch für Gustl wieder auf die Bühne. Ich leistete in der Gasse gestikulierend szenische Hilfestellung, neben mir soufflierte der Dramaturg. Mehr oder weniger auf Zuruf und im Freiflug, mit Nerven wie Stahlseilen und einem Lächeln im Gesicht spielte der Einspringer einen wunderbar charmanten Gustl, als wäre nichts gewesen.

Ein Beispiel für die Magie des Theaters? Vielleicht. Aber auch ein Beweis dafür, wie wichtig es ist, ein funktionierendes Ensemble und eine gut geprobte Inszenierung zu haben, sodass alle in der Lage sind, einen Einspringer so aufzunehmen, dass er sich bei aller Spontanität auf der Bühne nicht ausgeliefert, sondern aufgehoben fühlt.

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