Wiedersehen macht Freude
Alle zwei Jahre wieder kann ich an meiner alten Arbeitsstätte, dem Staatstheater Nürnberg, gastieren. In diesem Rhythmus wird Bizets "Carmen" wiederaufgenommen, der ich immer wieder auf die Bühne helfen darf - und es ist jedes Mal wieder spannend.
Zwei Wochen hatten wir Zeit, um die Inszenierung im Sinne des Regisseurs zu rekonstruieren. Zum Glück gibt es ein hervorragendes Regiebuch, welches vom Regie-Assistenten der Produktion angefertigt wurde. Da steht alles drin, was wer wann wo wie tut und warum. Dieses Buch ist mein wichtigstes Arbeitsmittel, denn auch wenn sich vieles inzwischen auf DVD nachschauen lässt, so kann man dort doch immer nur einen Teil des Ganzen erkennen. Da es bei fast jeder Wiederaufnahme auch Besetzungswechsel gibt, ist es umso wichtiger, nicht nur die Aktionen, sondern auch die Hintergründe hierfür zu kennen oder sie sich zumindest herleiten zu können. Sonst sieht man am Ende im schlechtesten Fall einen Sänger, der von a nach b läuft, statt einer Figur in einer szenischen Situation.
Auch dieses Mal gab es einen umfangreichen Besetzungswechsel. Das macht die Arbeit schwerer, aber auch interessanter, weil man mit neuen Kollegen die Regie neu nachentwickelt. Mein Job ist es dabei, die Balance zwischen einer Anpassung der Szene an die neuen Solisten und der Bewahrung der Original-Inszenierung zu finden. Viel Spielraum gibt es dabei nicht. Innerhalb dieses kleinen Spielraums jedoch kann ich die reinen Regieanweisungen und deren Ausführung in eine funktionierende Szene verwandeln, in der im Idealfall jeder Sänger in Beziehung zu seiner Figur und deren Aktionen und Motivationen, sowie auch zu den anderen Figuren im Raum steht. Und diese Arbeit auf der Bühne des Staatstheaters ausüben zu dürfen, mit wunderbaren Freunden und Kollegen, zu Bizets Musik - das ist schon auch ein Grund, warum ich meine Arbeit liebe!
Foto: Jutta Missbach